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01.03.2010

Ein Überblick über Chancen und Risiken bei der Einführung einer neuen Lagersteuerung

Aufgrund dynamischer Märkte, steigender Kundenanforderungen und immer höherem Kostendruck ist der Anspruch totaler Flexibilität in der Lagerlogistik entstanden. Steigende Servicegrade erhöhen aber auch die Logistikkosten. Zudem verlangt die Abbildung dieser Prozesse von einer Lagersteuerung, dass diese sich permanent der Situation anpasst. Damit einher geht der Wunsch der Anwender, dass immer mehr Abläufe im Lager automatisiert über einen Workflow in der Software ablaufen müssen. Unterstützende Eingriffe und Entscheidungen der Anwender sollen nur noch in Ausnahmefällen erfolgen.

Dabei ist die Ausgangssituation der Unternehmen sehr unterschiedlich. Es variieren sowohl die vorhandenen Informationssysteme, die zur Verfügung stehende Lagerfläche, die eingesetzte Lagertechnik, der Grad der Automatisierung und die Abwicklung der Geschäftsprozesse im Lager. Diese Varianz führt zu Projektlaufzeiten von sechs Monaten und mehr. Da sich während dieser Zeit die Anforderungen weiter entwickeln, sind häufig sogar grundlegende Planungsparameter zu überdenken.

Chancen nutzen

Die erste Chance bei der Einführung einer Lagersteuerung besteht bereits darin, eine Standardlagersteuerung einzuführen und in den ersten sechs Monaten Erfahrung damit zu sammeln. Was für den Anwender anfangs problematisch scheint, stellt sich nach der Einführung meist ganz anders dar. So werden Schulungsmaßnahmen oft in einer Phase durchgeführt, in der die Philosophie des neuen Produktes noch nicht verinnerlicht wurde. Es ist somit für den Anwender sehr schwer, sich die Lösung seiner aktuellen Probleme mit der neuen Software vorzustellen. Als Leitsatz gilt: „Die Warenvereinnahmung und -einlagerung kann erst geplant werden, wenn die Auftragsstrukturen und somit die Vereinzelung im Warenausgang definiert sind“.

Auch sollte das Projektteam Erfahrung mit der Einführung von Software haben. So kann die stufenweise Einführung das Risiko einer gescheiterten ersten Inbetriebnahme bei einer „Big Bang“-Einführung reduzieren. Auch Erweiterungen der Lagerfläche beziehungsweise Änderungen in der Lagertechnik werden häufig dazu genutzt, parallel dazu eine neue Lagersteuerung einzuführen. Die vorherige Einführung einer Lagersteuerung kann sogar den Umzug ganzer Läger unterstützen und damit die Lieferfähigkeit sicherstellen, auch wenn Güter sich noch an zwei Standorten befinden.

Nach der Entscheidung für eine Lagersteuerung sollte sich der Kunde eingehend mit der Produktphilosophie und den neuen Prozessen auseinandersetzen. Die Übertragung der Denkweise aus den alten Strukturen in die neue Welt geht einher mit intensiven Schulungen.

Es ist eine klare Abgrenzung zwischen Funktionen und Prozessen auf den vorhandenen Softwaresystemen wie Businesssoftware, ERP oder Warenwirtschaftssoftware und der Lagersteuerungssoftware zu definieren. Wer macht was und wo ist welche Entscheidung sinnvoll? Bei diesem Design spielen auch Schnittstellen und die Laufzeiten der Datenkommunikation zwischen den Systemen eine entscheidende Rolle.

Klar abzugrenzen ist auch, welche Lagerprozesse sind Kernprozesse und müssen zu 100 Prozent abgebildet sein und welche können durch manuelle Eingriffe der Mitarbeiter den bestehenden Leistungsumfang der Lagersteuerungssoftware ergänzen, ohne dabei individuelle Programmierung zu verwenden.

Mit der Einführung der Lagerverwaltungssoftware kann die feste Lagerorganisationsstruktur auf eine adaptive, variable Struktur umgestellt werden. Dieses ist ein Muss in Lagersteuerungen, wo in Spitzenzeiten kurzfristig Lagerbelegungen von 100 Prozent und mehr entstehen.

Aus jeder Softwareeinführung ergibt sich eine Veränderung der Aufgaben und Arbeitsplatzanforderungen für Mitarbeiter. Beispielsweise werden Lieferanten Lieferscheine künftig nicht mehr im Wareneingangsbüro erfasst, sondern direkt in der Warenannahme über mobile Wareneingangswagen.

Die Einführung der beleglosen Abwicklung stellt eine große Herausforderung dar. Das Fehlen handschriftlicher Notizen führt häufig zu Textfeldern in der Software, die dann auf mobilen Endgeräten angezeigt werden müssen. Die langfristige Lösung kann nur ein adäquates Datenmodell mit entsprechenden vorgegebenden Katalogfeldern liefern, um den Prozess richtig auszuführen und den Mitarbeiter mit der entsprechend standardisierten Anweisung zu versorgen.

Der Übergang ist für die Mitarbeiter oft ein Kulturschock. Das Tagesgeschäft lief bislang schließlich auch so und alle Mitarbeiter waren ohnehin hoch motiviert. Nun werden diese Freiheitsgrade eingeschränkt. Deshalb ist eine intensive Erläuterung der neuen Philosophie eine große Hilfe. Häufig muss man erklären, dass die Grundlage der Einführung nicht unzureichende Leistungen waren sondern die Anforderung nach Transparenz in den Prozessen und das innerbetriebliche „Track und Trace“ über Aufträge und Material.

Die übergreifende Abstimmung aller Logistikprozesse zwischen den Abteilungen im Unternehmen sowohl für Inbound- als auch für Outbound-Vorgänge ist eine weitere wichtige Projektaufgabe.

Was aus Sicht der Lagerlogistik sinnvoll ist, kann aus der Vertriebsperspektive und der Unternehmensphilosophie ganz anders bewertet werden. Ein Beispiel ist die Stornierung von Aufträgen durch den Endkunden und das dazugehörige Retouren-Management. Alle definierten Lagersteuerungsprozesse müssen auf ihre Auswirkungen hin mit den Abteilungen Vertrieb, Einkauf und Kundenservice abgeglichen werden.

Kosten der Einführung

Heutige Verträge zwischen dem Lagersteuerungskunden und dem Softwarelieferanten werden sehr häufig als Festpreis verhandelt. In diesem Festpreis sind alle Lizenzen für User und Software sowie die vereinbarten Dienstleistungen enthalten. Die Kosten für die Erstellung eines gemeinsamen Pflichtenheftes sind sowohl in diesem Festpreis enthalten, als auch bereits vorher getrennt beauftragt worden. Aufgrund der langfristigen Bindung an einen Softwarepartner ist der Einsatz einer releasefähigen Lagersteuerungssoftware unabdingbar. Sie sichert die Investition ab und garantiert an der Weiterentwicklung des Produktes zu partizipieren. Die Kosten dafür sollten in getrennten Verträgen für Softwareweiterentwicklung (die heute häufig als Wartung bezeichnet wird) und Projektsupport mit Produktanwendungsberatung (First und/oder Second Level)verhandelt werden.

Die Einführung einer Lagersteuerung erfordert Zeit und Personalressourcen auf Seiten des Kunden. Auf der Basis des Zitates von Benjamin Franklin “Tell me and I forget, teach me and I may remember, involve me and I learn” sollten intensive Schulungen angesetzt werden.



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