News

News-Übersicht anzeigen

Modernste Anlagenkonfiguration für die Rohmaterialsteuerung in der Kartonagenproduktion

12.04.2005

Förder- und Steuerungstechnik mit Prozessvisualisierung auf höchstem Niveau in kürzester Zeit während dem laufenden Betrieb realisiert

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt ...eine Weisheit, die so auch für die Logistik gilt. Kartonagenhersteller Flatz aus Bregenz im österreichischen Bun-desland Vorarlberg ist ein angestammter Familienbetrieb mit 135 Mitarbeitern, der jährlich rund 20 Mio. m2 Kartonagen bis 8 mm Stärke be- und verarbeitet. Das Unternehmen ist mit Stanz- und Faltschachteln sowie dem momentan modernsten Styroporwerk Europas groß geworden und gilt heute in vielen Bereichen als Pionier. Beweis dafür ist das erste in dieser Branche eingerichtete Hochregallager im Jahr 1993. Die Steuerung und Verwaltung dieses Lagers sollte im Jahr 2004 auf den neusten Stand gebracht und mit neuer BSS-SPS-Technik und LVR-Software ausge-rüstet werden. Zudem war eine neue Wellpappen-Flexodruckmaschine mit neuer Fördertechnik in den Materialfluss zu integrieren. Spezialaufgaben, die vom zuständigen Planer Ing. Günther Gutweniger aus Wolfurt an BSS in Solingen vergeben wurden. Dieses 90-Mitarbeiter-Unternehmen hat als Generalunternehmer folgende Tätigkeitsschwerpunkte:

  • Beratung, Planung
  • Projektmanagement
  • Lager-, Transport- und Fördertechnik
  • Kommissionieranlagen
  • Steuerungstechnik und Transportleitsysteme
  • Lagerverwaltungssysteme
  • Sanierungen und Modernisierungen

Es war deshalb prädestiniert für den Upgrade der bei Flatz eingesetzten Siemens S5-Steuerungen auf die aktuelle S7-Technologie. Für die Fördertechnik wurde Schmid Maschinenbau aus Göfis gewonnen.

Während der Erstellung des Pflichtenheftes wurde klar, dass die Anlagenmodernisierung in abgewandelter Reihenfolge realisiert werden musste. Denn die fördertechnische Anbindung der neuen Fünffarben-Hochleistungs-Druckmaschine duldete keinen Aufschub. Sie war vor dem vereinbarten Liefertermin greifbar und wurde kurz-fristig im neuen 7000 m2 großen Anbau im Flatz-Werk 2 aufgestellt. Die schnelle Lieferung war zwar positiv, aber die Maschine konnte wegen der noch nicht fertig gestellten Stetigfördertechnik nur per Stapler an den Materialfluss bei Flatz angekoppelt werden – eine wenig effiziente Lösung. Nun musste es schnell gehen, Planer Gutweniger und die Flatz-Geschäftsleitung entschieden sich für den Einsatz der neuen Kartonagenfördertechnik in Verbindung mit BSS-Steuerung und Prozessvisualisierung.

Gesagt getan: Die Kartonagen mit Maßen bis zu 2400 x 1400 mm werden vom Depalletierer auf die neuen Schmid-Gliederkettenförderer gesetzt und auf 27 Förderstrecken von je 6.000 mm Länge vor der Weiterverarbeitung zwischengepuffert. Schmid beschritt mit der neuen Fördertechnik, die für Flächenlasten von bis 1000 kg und für eine Geschwindigkeit von bis zu 0,4 m/s ausgelegt ist, Neuland und löste die Aufgabe technisch und terminlich mit Bravour. Die einzeln angetriebenen Stichbahnen (FU-Antriebe mit 2,2 kW mit Sanftanlauf wegen ungesicherter Kartonagen) haben 2.400 mm Nutzbreite und übernehmen einzeln oder paarweise zusammengeschaltet die Materialpufferung. Dabei lassen sich die För-derstrecken jeweils mit bis zu 5.000 kg belasten. Möglich wird dies durch zwei nebeneinander angeordnete Kunststoffketten von je 1.200 mm Breite.

Das Anlagenkonzept
Die bedruckten Kartonagen werden von der Flexodruck-Maschine abgefördert, gelangen zu einem Drehtisch, der sie entweder zu den Pufferstrecken oder zur sofortigen Verarbeitung leitet. Kartonagen, die zwischengepuffert werden, übernimmt ein schienengeführter Verfahrwagen mit 3 t Traglast, ebenfalls von Schmid geliefert. Dieser fährt mit maximal 2 m/s auf einer 26 m langen Bahn an den Kopfseiten der Pufferstrecken entlang. Er beschickt die Pufferstrecken mit Kartonagen und holt sie zur Weitergabe an die Stanz- und Inlinemaschinen dort auch wieder ab, sobald die Fertigungssteuerung den Auftrag zur Bearbeitung freigegeben hat. Besonderheit dieser Anlagenkonzeption ist die echte „Stand-Alone-Lösung“ mit Verwaltung der Aufträge und Bestände direkt in der Steuerung ohne Datenkopplung zu übergeordneten Systemen. Die Zentral-SPS (Siemens S 7) ist in einem Steuerungsschrank direkt an den Pufferstrecken untergebracht. Eine überaus komfortable, auf WinCC basierende, Visualisierung von BSS, erlaubt es der Produktionsleitung, je-derzeit in das Geschehen einzugreifen, „Schnellschüsse“ auf den Weg zu bringen oder die Maschinenbelegung zu verändern. „Durch diese Steuerung sind wir in der Lage, noch flexibler und schneller reagieren zu können“, erklärt Flatz-Produktionsleiter Andreas Dür.

Die BSS Materialflussgruppe, ein Unternehmen der BSS- Bohnenberg-GmbH aus Solingen, hat nicht nur diese S7-414 mit etwa 500 Ein- und Ausgängen konfiguriert und programmiert, auch die Konzeption weiterer S7-Steuerungen gehen auf das Konto der Solinger System-Spezialisten. Denn für die Steuerung eines Vertikalpalettenförderers, welcher bearbeitete Waren in einen dreistöckigen Lagerbereich transportiert und für weitere Steuerungsaufgaben wurden zusätzliche Steuerungen notwendig. Ab Dezember 2004 wurden für die Steuerung der drei Regalbediengeräte im Hochregallager (6250 Palettenplätze) und der Fertigwaren- Fördertechnik weitere vier S7-Steuerungen sowie für die Materialfluss-Koordination und die Lagerverwaltung das BSS Softwarepaket „Lasys“ eingesetzt „Diese müssen wir während des laufenden Betriebes einbauen“ bestätigt Wolfgang Krenmüller von BSS.

Ausbringung um 15 % gesteigert
Mit der hier beschriebenen Rohwarenfördertechnik und dem maßgeschneiderten Steuerungskonzept gelang es, den bisherigen Materialfluss an den Stanzmaschinen so zu revolutionieren, dass heute pro Schicht bis zu 15 % mehr Kartonagen ausge-bracht werden können. Bis zur Implementierung der modernen Förder- und Steuerungstechnik wurden die Kartonagen vor den Falzmaschinen mit Staplern vom Bedienpersonal bereitgestellt. Hatte dieses Einstell- oder Kontrollarbeiten durchzuführen, konnte es sich nicht um den Nachschub kümmern und die Produktivität sank dramatisch. Deshalb suchte man mit Planer Gutweniger, der seit Jahren sämtliche Werks- und Logistikplanungen für Flatz durchführt, nach einer geeigneten Lösung. Er plante und erstellte die Pflichtenhefte und war schließlich an der Vergabe an die beschriebenen Unternehmen maßgeblich beteiligt. Speziell bei der komplexen Rohmaterialfördertechnik wollte Betreiber Flatz einen lokalen Partner mit kurzer Reaktionszeit.

Moderne Logistik-Hardware ist nur so gut wie die Software, die sie steuert. Flatz setzt auf ein dezentrales Konzept, dass sich mit der BSS-Software besonders gut hat verwirklichen lassen. Die im Feld installierten Steuerungen sind flexibler weil per manuellem Eingriff jederzeit Abläufe angepasst werden können. „Besonders wichtig für uns“, so Produktionsleiter Dür „ist die Visualisierung. Wir erkennen auf den ein-zelnen Bildschirmmasken genau, welche Aufträge sich wo befinden, wir sehen, wie weit sie abgearbeitet sind und jeder unserer Anlagenfahrer hat ein genaues Bild von allen Abläufen, das erleichtert das Verständnis und hilft bei spontanen Änderungen der Maschinenbelegung“. Die Software wurde, wie bei BSS üblich, fernwartungs-tauglich ausgeführt. Per Modem können sich die Programmierer in Solingen nach Freigabe entsprechender Ports durch den Kunden in die Steuerung einloggen, Funktionen testen, Updates aufspielen oder Bugs fixen. Alle Steuerungen werden bei BSS vor der Installation auf einem Software-Prüfstand in einem simulierten Betrieb unter realen Bedingungen getestet. So lassen sich die allermeisten Besonderheiten vor der Installation im Feld überwachen und Probleme rechtzeitig eliminieren. Dieses Verfahren ist im Haus BSS Standard und garantiert kürzeste Inbetriebnahmezeiten vor Ort. Auch bei der Flatz-Steuerung wurde dieses Verfahren erfolgreich ange-wandt. Schließlich galt es, fast einhundertachtzig FU-Antriebe und über 400 Lichtschranken und Sensoren inklusive der gesicherten Bestandsverwaltung und –verfolgung auf ihr reibungsloses Zusammenspiel zu testen – denn im Echtbetrieb darf nichts passieren, schließlich läuft die Produktion im Vorarlberg zweischichtig und Ausfälle haben in Zeiten von Just-inTime den Nachteil, dass unter anderem viele leckere Käse in Österreich unverpackt blieben....und diesem Horrorszenario will man sich keinesfalls aussetzen.



Weitere Informationen, die für Sie interessant sein könnten:
Damit diese Website ordnungsgemäß funktioniert, legen wir kleine Dateien – sogenannte Cookies – auf Ihrem Gerät ab. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutzerklärung