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Tiefkühllager: automatisch oder manuell?

13.06.2014

Die Anforderungen an die temperaturgeführte Lagerung, etwa von Lebensmitteln oder medizinischen Produkten, sind hoch: unterbrechungsfreie Kühlkette, geringstmögliche Durchlaufzeiten, optimierte Abläufe und minimale Fehlerquoten. Das alles bei extremen Arbeitsbedingungen: Tiefkühllager (TK-Lager) haben in der Regel eine Temperatur von minus 18 Grad Celsius und weniger. Dies bedeutet eine hohe Belastung für die Mitarbeiter. Gleichzeitig steigen die Energiekosten stark an.

Immer mehr Unternehmen entscheiden sich daher für die Automatisierung ihrer Intralogistik. Doch welche Vorteile hat ein automatisches Tiefkühllager gegenüber einem manuellen?

Das Geschäft mit Tiefkühlprodukten boomt: Im vergangenen Jahr lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Tiefkühlkost in Deutschland nach Angaben des Deutschen Tiefkühlinstituts bei 41 Kilogramm. Das ist fast doppelt so hoch wie noch vor 20 Jahren. Insgesamt wurden 2012 in Deutschland rund 3,32 Millionen Tonnen Tiefkühlnahrung umgeschlagen. Bei solch großen Mengen sind effiziente Prozesse in der gesamten Supply Chain gefragt – auch in der Intralogistik. Dabei stehen viele Betreiber von Tiefkühllagern vor der Aufgabe, die Vorteile von automatischer und manueller Lagerung gegeneinander abzuwägen.

Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die nach den Kosten. »Automatiklager gelten gemeinhin als zunächst teurer und aufwendiger als manuell betriebene«, weiß Frank Heptner, TK-Lager-Spezialist bei viastore systems. »Das ist im Tiefkühlbereich nicht anders.« Zumindest bei den Anschaffungskosten bestätigt sich das Vorurteil: Diese liegen höher als bei einem manuellen Lager. Der Grund dafür ist die spezielle Technik, die notwendig ist, um ein automatisches Tiefkühllager zuverlässig betreiben zu können.

Technik muss extremer Kälte standhalten

Allgemein ist ein Automatiklager aufgrund seiner Ausrüstung, wie etwa Regalbediengeräte (RBG) und Fördertechnik, aufwendiger in der Anschaffung als ein manuelles. Bei einem temperaturgeführten Lager müssen zudem sämtliche Komponenten, Antriebe und Steuerungen für den Einsatz bei Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius geeignet sein, der TK-Lager-Spezialist viastore hat bereits sogar Lager bis minus 42 Grad gebaut. Lichtschranken und Sensoren zum Beispiel sollten beheizbar sein, damit sie in Temperaturübergangsbereichen nicht beschlagen. Schaltschränke müssen ebenfalls beheizt oder, falls möglich, außerhalb der Tiefkühlzone untergebracht werden. Auch sind passende Öle und Schmierstoffe erforderlich, die auch bei niedrigen Temperaturen eine optimale Viskosität aufweisen, um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten. Das alles bedeutet höhere Ausgaben: »Die Investitionskosten für sämtliche Logistikeinrichtungen können bei einem temperaturgeführten Automatiklager rund 80 Prozent höher sein als bei einem manuellen«, rechnet Frank Heptner.

Aufwendiger in der Anschaffung, deutlich günstiger im Betrieb

Dem gegenüber stehen jedoch die deutlich niedrigeren Betriebskosten. Vor allem die hohen – und stark steigenden – Energiekosten schlagen bei einem Tiefkühllager zu Buche, schließlich muss dieses das ganze Jahr über die geforderte Temperatur halten. Zur Steigerung der Energieeffizienz muss der Kälteverlust so gering wie möglich sein. Der größte Teil der Kälte in einem Tiefkühllager geht über das Dach verloren. Daher ist der Schlüssel zur Senkung der Energiekosten, die horizontale Lagerfläche so weit wie möglich zu minimieren.

Hier hat das Automatiklager einen klaren Vorteil: Während bei einem manuell bedienten Lager die Regalhöhe aufgrund der Hubhöhe von Gabelstaplern auf etwa 12 bis 14 Meter begrenzt ist, nutzen automatische Hochregalsysteme die vorhandene Fläche mit bis zu 45 Meter hohen Regalen sowie mehrfach tiefer Lagerung wesentlich dichter und damit effizienter. »Ein manuelles Lager mit 6.000 Palettenstellplätzen benötigt knapp 4.000 Quadratmeter Fläche«, veranschaulicht Heptner. »Ein Automatiklager mit gleich vielen Stellplätzen kommt mit 2.000 Quadratmetern aus. Die Kosten für die Kühlung lassen sich so um rund ein Drittel senken.« Die Einsparung für den geringeren Bedarf an Baugrund ist hier noch nicht mal eingerechnet.

Automatik in der Tiefkühlzone schont die Mitarbeiter

Ein weiterer Aspekt zugunsten von Automatiklagern ist, dass im Tiefkühlbereich keine menschliche Arbeit erforderlich ist. Denn die Arbeit bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt stellt eine erhebliche Belastung für die Angestellten dar, die nur durch den Einsatz spezieller Hilfsmittel verringert werden kann, etwa Stapler mit beheizbarer Fahrerkabine. Solche Hilfsmittel wiederum können das Aktionsfeld des Mitarbeiters einschränken sowie hohe Investitions- und Betriebskosten verursachen. Auch ist die Arbeitszeit im Tiefkühlbereich auf 45 Minuten am Stück begrenzt, was zu Einbußen bei der Lagerleistung führt. Durch die extremen Arbeitsbedingungen ist die Fluktuation bei Mitarbeitern von Tiefkühllagern besonders hoch. Personal zu finden, das diese unangenehme Arbeit dauerhaft übernehmen möchte, ist schwer.

Hier kann das Automatiklager seine Vorteile ausspielen. Sämtliche Prozesse im Tiefkühlbereich laufen automatisch ab, im Idealfall nicht nur der Transport sowie die Ein- und Auslagerung, sondern auch die Kommissionierung. Dadurch ist eine unterbrechungsfreie Kühlkette gewährleistet, und die Mitarbeiter müssen sich nicht den tiefen Temperaturen aussetzen. Der Betrieb eines automatischen Lagers erfordert zudem weit weniger Mitarbeiter, was auch die Personalkosten erheblich senkt. »Wo in einem manuell bedienten Lager drei Leute nötig sind, zwei davon im Tiefkühlbereich, braucht man in einem Automatiklager nur einen Mitarbeiter außerhalb dieser Zone«, erklärt Heptner. »Die unangenehmen Arbeiten übernimmt die Technik, die übrigen Arbeitsplätze sind wesentlich humaner, ergonomischer und weniger belastend.«

Schneller und zuverlässiger dank kälteunempfindlicher Technik

Bei der Zuverlässigkeit weist das manuelle Lager eindeutige Nachteile auf: Denn auch dem besten Mitarbeiter unterlaufen früher oder später Fehler – vor allem bei diesen Bedingungen. Dies kann sich schnell auf die Leistung des Lagers und die Qualität der gelagerten Waren auswirken. Mal wird ein Produkt im Lager vergessen, mal die MHD-Daten etwa von eingelagerten Lebensmitteln nicht richtig ausgelesen, mal landet eine Palette am falschen Platz. Gerade die temperaturgeführte Lagerung ist bei manueller Bedienung fehleranfällig: Durch die Kälte steht der Lagermitarbeiter unter physischem Stress, Labels von Verpackungen oder Paletten können vereist und damit unleserlich sein. All das führt zwangsläufig zu höheren Lagerbeständen, weil immer eine gewisse Unsicherheit über den aktuellen Bestand vorhanden ist und abgelaufene Waren eventuell entsorgt werden müssen. Am Ende leidet die Lager- und Distributionsleistung und somit die Kundenzufriedenheit.

Ganz gleich, ob manuelles oder automatisches Lager: Grundlegend ist ein geeignetes Warehouse Management System (WMS) mit sämtlichen gängigen Funktionalitäten, Validierungen und Zertifizierungen. Mit diesem WMS lassen sich sämtliche Waren durchgängig über die gesamte Supply Chain verfolgen und dokumentieren. Das ist gerade in der Lebensmittel- oder Pharmabranche ein wichtiger Faktor, um eine hohe Produktqualität zu gewährleisten. Zudem sorgt ein professionelles WMS dafür, dass die Bestände transparent sind und dadurch minimal gehalten werden können. Das spart Kosten.

Das WMS steuert im Automatiklager wie auch in vielen manuellen Anlagen sämtliche Prozesse – im Automatiklager jedoch werden diese von der automatischen Lager- und Fördertechnik ausgeführt. Diese Technik ist weder auf die optische Identifikation von Waren oder Etiketten-Texten angewiesen noch wird sie durch die tiefen Temperaturen beeinträchtigt. Das ermöglicht einen höheren Durchsatz bei minimaler Fehlerquote. Das Ergebnis ist eine höhere Produktqualität bei niedrigeren Kosten. Beides kann der Betreiber eines Tiefkühllagers an seine Kunden weitergeben. Dies wirkt sich wiederum positiv auf das Image eines Unternehmens aus und macht sich am Ende bezahlt.

Im direkten Vergleich zeigt sich also, dass die Investitionskosten bei einem automatischen Tiefkühllager zwar höher sind als bei einem manuell bedienten, diese sich aber aufgrund der geringeren Betriebskosten in kurzer Zeit amortisieren. »Der entscheidende Vorteil ist der erzielbare Lagernutzungsgrad«, resümiert viastore-Fachmann Heptner: »Vor allem bei größeren Lagern rentiert sich eine Automatisierung sehr schnell, oft schon im ersten Jahr. Auch bei der Verfügbarkeit und den Arbeitsbedingungen bietet ein automatisches Tiefkühllager wesentliche Vorteile.« Diese fallen noch deutlicher aus, wenn in mehreren Schichten gearbeitet wird: »Die Zusatzkosten für den Schichtbetrieb in einem Tiefkühllager sind bei automatischer Lagerung nicht einmal halb so hoch wie bei der manuellen«, erklärt Heptner. Die Gründe dafür sind die geringeren Wartungskosten und der niedrigere Personalbedarf.



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